Washington Post 17.10.1914

Krieg in Europa ?

Truppenbewegungen in Europa und Gefechte in Südosteuropa lassen schwere Auseinandersetzungen in nächster Zeit vermuten.

Die mühevoll als Manöver bemäntelten Truppenbwegungen des Frühjahrs 1914 lassen leider Zweifel an den Friedenswillen der europäischen Herrscher und Parlamente aufkommen. Bei dem jetzigen Ausmass der Truppenbewegungen kann sich ein "Weltkrieg" wohl nicht ganz ausschliessen lassen.

Erste Anzeichen dafür sind die Auseinandersetzungen zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich um Griechenland. Eine jetzt bekanntgewordene Depesche des Monarchen Pascha von Osmanien an Kaiserin Sissi von Österreich-Ungarn war dabei nur das Startzeichen. Mit den Worten "Freiheit für Griechenland" griff die in Bulgarien stehende, osmanische Armee die aus Albanien einrückende Flotte "Kaiser Franz Joseph" an. Dabei sorgte die k.u.k.-Armee in Serbien für Entlastung auf der nördlichen Front und ermöglichte somit der Flotte Griechenland einzunehmen.

Dazu unser Experte Joe Fisher:

Die Situation in Europa spitzt sich offenbar zu. Die diplomatischen Kanäle laufen über. Besonders die Republik Frankreich hat durch diplomatisches Geschick ohne grosse militärische Verluste grosse Gebiete besetzt und hat damit genug Ressourcen um massive Truppenaushebungen zu ermöglichen.

Das Arrangement der verwandten Monarchen in Grossbritannien und Deutschland deutet auf exzellente Familienverhältnisse hin und kommt beiden Parteien zu gute.

Die Romanows allerdings sind nicht so gut weggekommen. Sie konnten nur Boden gutmachen in dem sowieso dem russischen Reich zuneigenden Rumänien.

Italien konnte ungehindert die nordafrikanische Enklave Tunis einnehmen. Bleibt abzuwarten, ob Italien hier Frankreich die iberische Halbinsel streitig machen könnte.

Insgesamt können Frankreich und Österreich-Ungarn als die Sieger dieses Herbstes angesehen werden: Frankreich schaffte es, massive Landgewinne durch Diplomatie zu erreichen, während Österreich-Ungarn den ersten militärischen Schlagabtausch für sich entscheiden konnte und die Oberhand in Südosteuropa errungen hat.